A map with pins and tiles on it, crowdsourced by citizens

ISCN Online Advisory Programme #13: Co-Kreation - Crowdsourcing von Daten und Karten

Diese Ausgabe des Online Advisory Programme (OAP) des Internationalen Smart Cities Netzwerks (ISCN) beschäftigte sich mit dem vielleicht üblichsten "Interface" mit dem wir alle unsere Städte und Gemeinden begreifen: Karten!
Wir tauchten ein in die Möglichkeiten schwarmintelligenter Entwicklung von neuen Karten und Datenpunkten durch interaktive Bürgerbeteiligung. Drei Expertinnen, Angela Oduor Lungati von Ushahidi, Kenia, Polly Hudson vom Projekt Colouring Cities (UK), und Tabea Danke vom verwandten Projekt Colouring Dresden teilten ihre wertvollen Erfahrungen.

Event details

Bürgernähe Datenvisualisierung Digitale Beteiligungstools Digitale Stadtplanung
Datum
28.03.2024, 13:30 - 15:00
Art der Veranstaltung
Online (virtuell)
Dokumentation

Paragraphs

Karten haben es uns schon immer ermöglicht, neue Wege zu finden, neue Muster zu entdecken und ein tieferes Verständnis für den Raum zu erlangen, in dem wir uns befinden. Ihre digitalen Formen ermöglichen es nun auch, auf eine noch nie dagewesene Weise gemeinsam zu zeichnen, zu sammeln und zu markieren. In einer unbeständigenund beschleunigten Welt voller Pandemien, Krisen und Komplexitäten sind wir zunehmend darauf angewiesen, dass die Bürger gemeinsam "kartieren", um wichtige Datengrundlagen und Muster für intelligente, am Gemeinwohl orientierte Städte zu schaffen.

Zentral für dieses OAP war die Vorstellung von zwei Solution Pitches für kartenbasierte Crowdsourcing-Werkzeuge. Angela Oduor Lungati, Executive Director von Ushahidi, zeigte wie deren Open Source Software-Anwendungen nutzergenerierte Berichterstattung für die Erstellung von Kartendaten verwendet. Anschließend stellten, Polly Hudson, Project Lead Colouring Cities, Alan Touring Institute & Tabea Danke, Projektmanagerin Colouring Dresden, TU Dresden / Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung (IöR) ihre offene Forschungs- und Beteiligungsplattform, die es Bürgern ermöglicht Daten zum Gebäudebestand in Städten zu aggregieren, zu prüfen und zu visualisieren.

 

Key takeaways

  • Intuitives Design als Schlüssel: Der Erfolg eines Tools hängt von seinem Design ab. Es sollte so intuitiv wie möglich sein, damit die Benutzerfreundlichkeit und die Akzeptanz maximiert werden.
  • Vertrauen als Basis: Gut designte Technologie ist ein wichtiger Faktor, doch noch wichtiger sind die dahinterstehenden Menschen. Um sie zu überzeugen, ein Tool zu nutzen, muss Vertrauen in die institutionelle Struktur rund um das Tool gewährleistet sein.
  • Ein ganzheitliches Bild von Beteiligung: Was Projekte wie Ushahidi und Coloring Cities im wesentlichen motiviert ist das Bestreben nach Inklusion und Engagement. Dieses muss allerdings auch mit Erwartungsmanagement verknüpft werden: Was folgt aus den bürgergenerierten Inputs, was sind weitere Anknüpfungspunkte?
  • Sind Daten des Schwarms akkurat? Grundsätzlich sind die Menschen selbst für die Genauigkeit und Validität ihrer Inputs auf den Platformen verantwortlich. Zusätzlich kann dies aber durch angepasste Workflows, eine Mischung von Eingabemethoden oder technische Überprüfungen flankiert werden.
  • Kartieren ist vielfältig: Ein weiterer Motivator für Menschen ist, wenn die Angebote rund um die Beteiligungsplattformen vielfältig sind. Coloring Dresden bietet z.B. über die Online-Kartierung hinaus Simulationen, City-Walks, Mapathons und Dialogveranstaltungen und Tutorials, die die Datennutzung genauer erklären, an.

Here’s what happened - in detail

Gudrun Schwarz, Referentin des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) leitete das OAP mit ihren Grußworten ein, und unterstrich die Notwendigkeit, Bürgerinnen und Bürger nicht nur als passive Empfänger von digitalen Lösungen in der Stadtentwicklung zu begreifen, sondern stattdessen weiter ihre Einbindung entlang der gesamten Entwicklungskette von Anwendungen zu ermöglichen, so wie dies auch im Förderprogramm der Modellprojekte Smart Cities (MPSC) bei der partizipativen Formulierungen der Smart-City-Strategien der Fall gewesen ist. Der wachsende Trend der Co-Kreation ermögliche völlig neue Ansätze, da sie sich aus dem wertvollen und oft noch abgetrennten oder gar unterschätzen Wissen der Menschen in der Stadt speisen.

 Doch was motiviert Bürger bei Stadtentwicklungsprozessen mitzumachen? In einer ersten Annäherung stellten wir diese Frage offen ans Publikum: 

30 responsese on what would convince people to take part in urban development processes as a citizen

Solution Pitches: Map-Based Crowd-Sourcing Tools for Cities and Regions

Es folgte die erste Gastrednerin, Angela Oduor Lungati, die uns auf eine Reise nach Kenia, zurück ins Jahr 2007 nahm, der Gründungszeit von Ushahidi, das damals den Menschen die Möglichkeit gab niedrigschwellig Gewaltausbrüche im Zuge von Wahlunruhen einzugeben und räumlich zu erfassen. Seitdem hat Ushahidi seine Anwendungsfälle diversifiziert, stets jedoch mit dem Fokus, die Vernetzungen und Organisation von Communities zu stärken. Mittlerweile wurde diese Lösung bereits in 160 Ländern verwendet.

Polly Hudson und Tabea Danke wechselten den Fokus weg von einer Kartierung sozialer Dynamiken hin zur Erfassung von Räumen, in denen die Menschen die meiste Zeit ihres Lebens verbringen, nämlich Gebäuden. Der offene Forschungsansatz von Coloring Cities, getragen von Universitäten und Forschungseinrichtungen weltweit, ermöglicht es Stadtbewohnern Daten zum Gebäudebestand einzutragen, zu prüfen und zu aggregieren. 

Panel Discussion: How to successfully involve citizens in crowd-sourcing projects?

Was sind die Haupttreiber für die vorgestellten Lösungen? Welche Art von Überprüfungsmechanismen gibt es für die eingegebenen Daten? Und wie können Menschen davon überzeugt werden, Daten zu teilen? Diese und andere Fragen waren Teil unserer Podiumsdiskussion im Anschluss an die beiden Solution Pitches.

Zunächst, wurde ein charakteristischer Unterschied der beiden Plattformen hervorgehoben: Während das Coloring Cities Projekt auf eine theoretisch endliche Menge an Datenpunkten hinarbeitet, erfasst Ushahidi mit sozialen Systemen inhärent dynamische und unabgeschlossene Datenmengen, z.B. über Resilienznetzwerke. Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für den Aufbau eines Momentums um Crowdsourcing zu motivieren?

Polly beschrieb, wie für ihr Projekt in dieser Hinsicht eine institutionelle Verankerung in verschiedenen Forschungsdisziplinen hilfreich ist. Experten für Energiemanagement interessieren sich z.B. sehr für das Alter von Gebäuden, was Menschen mit Fachkenntnissen in Architektur und Kunst oft leicht abschätzen können. 
Zwar ist auch der städtische Gebäudebestand Änderungen unterworfen, doch geschieht dies in einem viel langsameren Tempo und lädt daher zu einer Perspektive auf die Stadt als System ein.

Für Ushahidi hingegen wies Angela darauf hin, dass die Hauptmotivation in den Ansprüchen von Inklusion und Datengleichheit liege. Die Dynamik des Schwarms ergibt sich also nicht undbedingt aus einem Hinarbeiten auf ein "Endergebnis" oder einem zu erreichenden Systemverständnis, sondern vielmehr aus der Verantwortung, die Repräsentation der Menschen sukzessive zu verbessern und neue Grundmuster zu etablieren, die bisher im Verborgenen lagen.

Eine weitere Diskussion drehte sich um die Möglichkeiten und Grenzen der Verifikation von Crowdsouring-Daten. Angela hob hervor, dass die Möglichkeit zur Anonymität oft eine notwendige Voraussetzung dafür ist, dass die Menschen überhaupt freiwillige Eingaben machen. Sie müssen sich sicher und wohl fühlen, insbesondere wenn es um sensible Themen geht. Auch wenn dies in der Tat manchmal die Büchse der Pandora für Bias und Fehlinformationen öffne, gebe es mehrere Möglichkeiten, solche Verfälschungen einzudämmen. Eine davon kann technologischer Natur sein (etwa unter Verwendung von sich verbessernden KIs und automatisierten Erkennungsalgorithmen), aber für Ushahidi liegt die Lösung bisher vor allem in der Anpassung der Arbeitsabläufe, die sie rund um ihre Mappings entwickelt haben und die z. B. eine Gruppe von Vertrauenspersonen in Gemeinschaften oder die explizite Rolle von Datenmanagern umfassen, die Dateneingaben überprüfen oder kategorisieren können. Darüber hinaus kann eine Mischung von Datenerfassungsmethoden die wechselseitige Überprüfung von Inputs erleichtern. Außerdem ist die zweckgebundene Eignung ein wichtiges, qualifizierendes Kriterium, denn die Datenansprüche für experimentelle Projekte in Grundschulen oder für Grundlagen von politischen Positionspapieren unterscheiden sich natürlich. Schließlich fügte Angela hinzu, dass selbst die vermeintlichen Mängel oder Schwachstellen in Crowdsourcing-Datensätzen aufschlussreiche Informationen böten, die zu neuen Erkenntnissen führen. Insgesamt ist also das Thema Datenvalidität kein Schwachpunkt des Crowdsourcing, sondern befindet sich in einem spannenden und steten Verbesserungsprozess, ebenso wie dies für die "klassischen" Methoden der Datenerhebung gilt.

Weitere interessante Aspekte der Unterhaltung waren etwa die Frage, wie Coloring Cities es schafft, mit relativ geringen Ressourcen auszukommen, oder zusätzliche Beispiele dafür, wie die Projekte bisher nicht vorhandene, konkrete Informationssätze generieren, z. B. zu Prognosen von Bürgern, welche Gebäude in naher Zukunft abgerissen würden, was sich oft reale, aber nicht immer transparente Stadt- und Raumplanungen antizipiert. Sehen Sie selbst in der 25-minütigen Aufzeichnung des Austausches:

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Organisatorische Ansprechperson
Enoh Tabak

Enoh Tabak

ISCN Netzwerksekretariat
E-Mail: iscn@giz.de