Eine Straße mit einer Markierung als Wegweiser richtung Zukunft
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Smartes Landleben

Bei einer „Smart City“ kommt es nicht auf die Einwohnerzahl an. Unter den bundesweit 73 geförderten Modellprojekten Smart Cities sind zehn Kleinstädte oder Landgemeinden mit unter 20.000 Einwohnern dabei. Auch sieben der zehn interkommunalen Kooperationen unter den Modellprojekten beschreiben sich selbst als „stark ländlich“ geprägt.

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Smarte Dörfer, Kleinstädte oder ländliche Regionen stehen trotz unterschiedlicher regionaler Kontexte häufig vor ähnlichen Herausforderungen: Dazu gehören etwa fehlende Nahversorgungsmöglichkeiten, der demografische Wandel und die Abwanderung junger Menschen sowie ein Nahverkehrsangebot mit Lücken in der Fläche und in der Taktung.

In Apfeldorf, Unterdießen und Fuchstal leben zusammen gerade einmal 6.000 Menschen: Die „Smart Region AUF“ ist eines der kleinsten Modellprojekte Smart Cities. Der Blick etwa in die bayerische Verbandsgemeinde oder nach Grevesmühlen in Mecklenburg-Vorpommern zeigt, wie Digitalisierung gerade in ländlichen Regionen genutzt werden kann, um etwa vor Ort die Daseinsvorsorge zu sichern oder die Lebensqualität zu steigern.

In einer gewachsenen Kleinstadt ist die Netzwerkarbeit viel einfacher als in Großstädten.

Lars Prahler, Bürgermeister von Grevesmühlen

Porträt Smart Region AUF

Porträt Smart Region AUF

Kartenausschnitt zeigt PVA-Anteil an geeigneten Dachflächen in der "Smart Region AUF"
Smart Region AUF

Mit dem Projekt „Smart Region AUF“ stellen sich die drei oberbayerischen Gemeinden Apfeldorf, Unterdießen und Fuchstal als interkommunaler Zusammenschluss stellvertretend den Herausforderungen vieler Kommunen im ländlichen Raum. So gibt es beispielsweise zwischen den drei Gemeinden kaum Busverbindungen. Resultierend daraus stehen die Daseinsvorsorge und der Bürgerservice im Mittelpunkt der Zusammenarbeit.

„Ein Modellprojekt Smart Cities im ländlichen Raum steht eigenen Herausforderungen gegenüber, die sich zum Teil stark von den Herausforderungen großer Städte unterscheiden“, betont Projektleiterin Corinna Sinken. Während in der Großstadt ein intelligentes Parkleitsystem die Lebensqualität vor Ort enorm erhöhe, komme es in den ländlichen Regionen auf die Sicherstellung smarter Verkehrsformen an, um eine Erreichbarkeit der verschiedenen Orte überhaupt gewährleisten zu können.

Durch die weitere Digitalisierung sollen in Fuchstal kommunale Entscheidungsprozesse und die regionale Vereinsarbeit gestärkt werden. Exemplarisch hierfür steht das Angebot, ortsunabhängige Behördengänge, den Zugang zum Homeoffice sowie die Teilnahme an digitalen Bildungsangeboten auszubauen und zu vereinfachen.

Projekte aus den Bereichen Städtebau, Klimaschutz und Nachbarschaftshilfe sollen zukünftig im Rahmen eines digitalen Zwillings gebündelt werden. Zu diesem Zweck arbeiten Fachleute aus unterschiedlichen Bereichen, regionale Akteure und spätere Nutzerinnen und Nutzer eng miteinander. Durch die Maßnahmen möchte man die Lebensqualität in der Smart Region Apfeldorf-Unterdießen-Fuchstal für alle Bürgerinnen und Bürger steigern und dadurch auch die Wohnattraktivität nachhaltig sichern.

Weitere Informationen: SmartRegion AUF

Porträt Modellprojekt Smart Cities Grevesmühlen

Porträt Modellprojekt Smart Cities Grevesmühlen

Bus der Stadt Grevesmühlen
Digitale Stadt Grevesmühlen

10.500 Menschen leben im beschaulichen Grevesmühlen im Landkreis Nordwestmecklenburg. Gut zwei Drittel der Menschen sind über sechzig Jahre alt. Seit 2019 ist Grevesmühlen Modellprojekt Smart Cities. Bürgermeister Lars Prahler hat die Digitalisierung zur Chefsache erklärt: „Ich möchte, dass unsere Stadt digital so schön wird, wie sie analog schon ist.“

Damit dies gelingt, hat Grevesmühlen von Anfang an darauf gesetzt, die Menschen mitzunehmen und von Schulklassen, über Vereine und Unternehmen bis zum Seniorenclub alle gefragt, wie die digitale Zukunft in Grevesmühlen aus ihrer Sicht aussehen kann. „In einer gewachsenen Kleinstadt ist die Netzwerkarbeit viel einfacher als in Großstädten“, sagt Lars Prahler. 

Im Mittelpunkt der Smart City Grevesmühlen steht das Portal grevesmühlen-erleben.de, welches seit 2019 sukzessive ausgebaut wird. Die Bürgerinnen und Bürger sollen in ihrem Stadtportal, das es auch als Smartphone-App gibt, alle digitalen Dienstleistungen rund um die Stadt finden.

Sehr gut angenommen wird das „Digitale Schaufenster“: Waren vorher nur zehn Prozent der Einzelhändler überhaupt im Internet vertreten, sind über das Portal inzwischen über 90 Prozent dabei. Darauf aufbauend wurde in Grevesmühlen zunächst als Corona-Sofortmaßnahme ein Online-Liefer- und Online-Abholservice aufgezogen. Dieses Angebot wird ständig erweitert, um den Einzelhandel vor Ort weiter digital zu stärken.

Wichtige Voraussetzung für den Erfolg des Portals war der Ausbau eines flächendeckenden, kostenlosen WLANs in der gesamten Innenstadt. So ist das Stadtportal auch als Startseite im öffentlichen WLAN hinterlegt. Damit werden auch Touristinnen und Touristen auf die Angebote in Grevesmühlen aufmerksam.

Weitere Informationen: grevesmühlen-erleben.de

Digitalisierung allein reicht nicht

Digitalisierung allein reicht jedoch nicht. Denn Dörfer und Städte können nur dann wirklich smart werden, wenn die Konzepte von den Bewohnerinnen und Bewohnern mitgetragen werden. Digitale Maßnahmen müssen also den analogen Alltag sinnvoll ergänzen. Spannende Beispiele, wie das in der Praxis funktionieren kann, stellen wir hier näher vor: 

  • Bis der nächste Bus kommt, muss man auf dem Land oft lange warten, gleichzeitig sind die Distanzen zwischen den Ortsteilen oft recht groß. Viele Menschen sind damit auf ihr Auto angewiesen: Für alle, die nicht fahren oder sich keinen eigenen PKW leisten können, ist das beschwerlich. Abhilfe schaffen hier Mobilitätsangebote „on Demand“: Das können Shuttlebusse sein, die auf Anforderung fahren und per App gerufen werden können. Ein Vorreiter ist hier das Erzmobil im sächsischen Zwönitz.  
  • „Tante Emma 4.0“ – so könnte man smarte Lösungen zur Nahversorgung, die viele Modellprojekte Smart Cities erproben, auch nennen. Ein Beispiel kommt aus St. Wendel im Saarland: Über die bereits etablierte Bestellplattform keepFresh können die Menschen hier Lebensmittel und Waren des täglichen Bedarfs bei 23 regionalen Händlern bestellen. Diese werden mit Unterstützung von Ehrenamtlichen – sogenannten Dorfcoaches – ausgeliefert. Im Rahmen des Modellprojekts Smart Cities soll die vorhandene Logistik übernommen und durch die Erfassung sowie die strategische Einbindung des CO2-Fußabdrucks klimafreundlicher werden. Zusätzliche Abholstationen („RegionalBoxen“) sollen Fahrtwege optimieren. Bürgerinnen und Bürger können die Box zum Tausch oder zur Abholung von Gegenständen nutzen, wodurch sie auch einen sozialen Charakter erhält.

Gemeinsam Mehrwerte erzielen: Smarte Regionen arbeiten zusammen

Im Rahmen einer Arbeits- und Entwicklungsgemeinschaft (AEG) „Smarte Regionen“ haben sich die ländlichen Modellprojekte Smart Cities jetzt zusammengetan. Beim virtuellen Kick-off im November 2022 haben die rund 70 Teilnehmenden nicht nur Gemeinsamkeiten bei den inhaltlichen Themen, sondern auch ähnliche organisatorische Herausforderungen identifiziert: Gerade in interkommunalen Projekten muss eine Vielzahl an Akteuren auf unterschiedlichen administrativen Ebenen – etwa in verschiedenen Gemeinden oder in einem Landkreis – einbezogen und in Arbeitsabläufe integriert werden. Daneben entstehen besondere Herausforderungen bei dem Einsatz und dem Betrieb neuer Hard- und Software in Kleinstädten mit begrenzten IT-Ressourcen vor Ort. Eine weitere, nicht zu unterschätzende Schwierigkeit für Landgemeinden ist es, passendes und gut ausgebildetes Personal für Smart-City-Projekte zu finden – insbesondere wenn der nächste Hochschulstandort weit entfernt liegt.

Ein Vorteil der Modellprojekte Smart Cities ist, dass sie sich diesen Fragen nun gemeinsam stellen. In der AEG „Smarte Regionen“ haben sich dafür sechs Themengruppen gebildet. Im Fokus stehen dabei die Handlungsfelder „Gesundheit“ und der Aufbau sogenannter „Regio-Hubs“ – das können zum Beispiel digital unterstützte Begegnungsorte und Dorfbüros oder Maker-Spaces wie das Digitalzentrum im Amt Süderbrarup sein. Außerdem tauschen sich die Modellprojekte Smart Cities zu Umweltfragen rund um Energie und Klimaschutz, Mobilität und zum Aufbau einer regionalen Marke zur Stärkung von Identität und Zusammenhalt in einer Region aus. Die Gestaltung smarter Nahverkehrsräume ist das sechste zentrale Thema, dem sich die AEG nähern möchte. Ziel aller acht Themengruppen ist es, Wissen zu teilen, konkrete Kooperationen zu vereinbaren und greifbare Mehrwerte für die inhaltliche Arbeit der Modellprojekte Smart Cities und weiterer Kommunen zu erzielen. Hierzu arbeiten die Modellprojekte Smart Cities in diesem Themenfeld mit dem Forschungsprojekt Smarte.Land.Regionen des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) zusammen.

Arbeits- und Entwicklungsgemeinschaften der Modellprojekte Smart Cities

Die von der Koordinierungs- und Transferstelle Modellprojekte Smart Cities (KTS) koordinierten Arbeits- und Entwicklungsgemeinschaften (kurz: AEGs) sind langfristig angelegte Arbeitsgruppen von Kommunen im Rahmen der „Modellprojekte Smart Cities“. Die AEGs sollen aktive und aus der MPSC-Community heraus getragene Initiativen sein. Der Charakter der Arbeits- und Entwicklungsgemeinschaften ist nicht die passive Weiterbildung, sondern die aktive und gemeinsame Erarbeitung von Themen und Lösungen.