Veröffentlichung World Smart City Outlook
GIZ

Richtlinien für menschenzentrierte Smarte Städte: Einblicke in den Entwicklungsprozess

17.03.2025

UN-HABITAT entwickelt derzeit mit den Richtlinien für menschenzentrierte Smart Cities einen globalen Orientierungsrahmen für die Entwicklung von smarten Städten. Die Richtlinien werden Städte und Regionen weltweit dabei unterstützen, ihre Smart City Strategien nachhaltig, inklusiv und gemeinwohlorientiert zu gestalten. Karen Laßmann arbeitet als deutsche Expertin an den Richtlinien mit und teilt ihre Eindrücke.

Main content

Die Entwicklung von smarten Städten und Regionen wird weltweit vorangetrieben. Dabei gibt es unterschiedliche Definitionen und Auslegungen, was smarte Stadtentwicklung bedeutet. Hier setzt das Rahmenwerk an, das UN-HABITAT derzeit unter Mitwirkung nationaler Expertinnen und Experten entwickelt: Die Richtlinien für menschenzentrierte Smart Cities. Sie sollen Fachleute des öffentlichen Sektors weltweit dabei unterstützen, ihre Smart City-Strategien, Regulierungen und Pläne am Gemeinwohl auszurichten. Dadurch wird eine Orientierung geschaffen, um Städte und Regionen nachhaltig und inklusiv zu gestalten. Die Richtlinien richten sich sowohl an die kommunale als auch an die nationale Ebene. 

Um den Prozess zu unterstützen und möglichst viele Perspektiven miteinzubeziehen, arbeitet UN-HABITAT bei der Erstellung der Richtlinie mit einer Expertengruppe. 31 Fachleute aus 25 Ländern bringen ihre Kenntnisse und Sichtweisen mit ein. Eine der deutschen Expertinnen ist Karen Laßmann, Leiterin des Bereichs Smart City und Datenmanagement in der Senatskanzlei Berlin. Im Interview teilt sie ihre Sicht auf den Prozess. 

Warum ist es wichtig, eine städtische Perspektive aus Deutschland in den Prozess zur Erstellung der Richtlinien einzubringen?

Wir haben in Deutschland gerade in den letzten Jahren viele Erfahrungen im Themenfeld Smart City gesammelt. Mithilfe des Bundesförderprogramms „Modellprojekte Smart Cities“ werden in insgesamt 73 Städten und Kommunen Deutschlands Smart City Strategien entwickelt und umgesetzt. Berlin ist eine dieser 73 geförderten Städte. Mit dem Programm wurden Rahmenbedingungen gesetzt, die zwingend zu beachten sind – die Orientierung am Gemeinwohl ist ein davon.

Für uns in Berlin war dies ein willkommener Impuls, um die Smart City, die Berlin werden will, gemeinsam mit der Stadtgesellschaft als Vision zu kreieren. Wir haben also einerseits viele Erfahrungen gesammelt bei der Erarbeitung einer entsprechend menschenzentrierten Strategie. Andererseits setzen wir aber auch seit mittlerweile fast vier Jahren diverse menschenzentrierte Projekte um. Insofern kann ich diese Berliner Perspektiven als „Praktikerin“ in den Prozess einbringen. Und dabei hilft sicherlich auch, dass Berlin und seine Bewohner:innen sehr facettenreich sind.

In ihrer Funktion als Mitglied der Expertengruppe war Frau Laßmann unter anderem als Sprecherin beim Launch des World Smart Cities Outlook 2024 auf dem vom UN-Habitat veranstalteten World Urban Forum in Kairo zu Gast und teilte die Berliner Perspektive auf das Dokument.

WUF World Smart Cities Outlook Pressekonferenz
GIZ

Wie unterstützt der World Smart Cities Outlook die Erstellung der Richtlinien? Für welche Akteursgruppen ist er interessant?

Der World Smart Cities Outlook 2024 ist die wissenschaftliche Grundlage für die People-Centred Smart Cities Guidelines. Es wurde versucht, parallel zur Erarbeitung der Guidelines ein möglichst umfassendes weltweites Bild zu erstellen, wie der jeweilige Stand im breiten Themenfeld Smart Cities ist. Orientiert wurde sich dabei an den (letzter Stand sieben) „Principles and Duties“, die auch in den Guidelines leitend sind. Damit bekommen die Länder, Regionen oder Kommunen, die die Guidelines verankern und umsetzen sollen eine gute Orientierung, wo sie sich selber verorten können. Aus meiner Sicht wird damit eine gute Unterstützung angeboten, die es hoffentlich einfacher macht, die Guidelines auch wirklich aufzunehmen und jeweils zu integrieren.

Das World Urban Forum (WUF) bot den Expertinnen der Arbeitsgruppe darüber hinaus eine Möglichkeit zur weiteren Vernetzung sowie wertvolle Impulse für die Weiterentwicklung der Richtlinien.

WUF ISCN Panel

Was konnten Sie vom World Urban Forum mitnehmen? Welche Impulse waren besonders interessant? 

Leider konnte ich nur eineinhalb Tage auf dem WUF verbringen. Ich finde es unglaublich interessant, wenn sich die weltweite Community an einem Ort versammelt. Dies schafft eine Verbundenheit, da sich erstaunlicherweise beispielsweise viele Themen / Herausforderungen innerhalb der Verwaltung in vielen Ländern sehr ähneln. Ein wichtiger Punkt innerhalb des Bundesförderprogramms „Modellprojekte Smart Cities“ ist das Mit- und Voneinander Lernen. Das funktioniert aber auch sehr gut weltweit. Ich habe mich gefreut, dass auch einige andere Kolleg:innen aus dem Expert:innen-Gremium vor Ort waren und wir uns live vor Ort austauschen konnten. Dabei habe ich einige gute Impulse mitgenommen. Spannend fand ich beispielsweise den Austausch zur Bedeutung bzw. auch den Chancen von Open Source. Mit auf dem Podium saß der Expertenkollege aus Brasilien, wir haben uns im moderierten Gespräch regelrecht die Bälle zugespielt. 

Der Erarbeitungsprozess der Richtlinien ist der erste Schritt in einem längeren Prozess hin zur Entwicklung menschenzentrierter Smart Cities. Um die Richtlinien mit Leben zu füllen, ist nicht nur eine breite Beteiligung während der Erstellung nötig, sondern auch darüber hinaus. 

Wie können die Richtlinien in die Breite getragen werden, um von nationalen und kommunalen Entscheidungsträgern in ihren Planungen zur städtischen Digitalisierung berücksichtigt werden?

Ich denke, dass eine Kombination der Richtlinien mit einem Förderprogramm einen guten Anreiz bieten würden, um sie in die Planungen zu integrieren. Das wäre ja genau der Weg, der auch mit dem Bundesförderprogramm beschritten wurde.

Zum Punkt der Beteiligung in der Umsetzung – die menschenzentrierte Smart City muss mit den in ihr lebenden Menschen gestaltet werden. Dabei sollten beispielsweise die vor Ort befindlichen zivilgesellschaftlichen Organisationen in die Umsetzung eingebunden werden, aber auch die Wirtschaft sollte ins Boot geholt werden. Nur, wenn möglichst viele an einem Strang ziehen, wird es wirklich erfolgreich. 

Mir ist dabei sehr wohl bewusst, dass die Guidelines vor allen Dingen auch als Grundlage in Ländern dienen soll, in denen die Grundvoraussetzungen andere sind, als in den meisten europäischen Ländern. Vermutlich ist da das Zusammenspiel von Zivilgesellschaft und Politik / Verwaltung noch deutlich wichtiger.

Gruppenfoto ISCN Event SCCON
GIZ

Auch das Internationale Smart Cities Netzwerk unterstützt den Prozess der Richtlinienerstellung. So fand etwa auf der Smart Country Convention in Berlin eine Veranstaltung statt, bei der ISCN-Partnerstädte die Möglichkeit hatten, ihre Einschätzung zum derzeitigen Stand der Richtlinien zu geben. 

Nach Einbeziehung der Ergebnisse einer Online-Konsultation sowie verschiedener partizipativer Veranstaltungsformate wird derzeit der finale Entwurf des Rahmenwerks erarbeitet. Die offizielle Verabschiedung der Richtlinien ist für Mai 2025 geplant. 

Die menschenzentrierte Smart City muss mit den in ihr lebenden Menschen gestaltet werden. Dabei sollten beispielsweise die vor Ort befindlichen zivilgesellschaftlichen Organisationen in die Umsetzung eingebunden werden, aber auch die Wirtschaft sollte ins Boot geholt werden. Nur, wenn möglichst viele an einem Strang ziehen, wird es wirklich erfolgreich. 

Karen Laßmann, Leiterin Bereich Smart City, Senatskanzlei Berlin 

Zur Person

Picture of Karen Laßmann, Head of Smart City Division, Senate Chancellery Berlin
Karen Laßmann

Karen Laßmann hat erfolgreich an der Technischen Universität Berlin Betriebswirtschaftslehre studiert und später zusätzlich einen Abschluss in öffentlicher Verwaltung erworben. Seit 2006 ist sie im öffentlichen Dienst des Landes Berlin in verschiedenen Positionen tätig. Seit 2018 arbeitet Karen Laßmann in der Senatskanzlei von Berlin, wo sie seit über vier Jahren ein Team verantwortet, welches sich mit den Themen Smart City und Datenmanagement beschäftigt.