Ein KI-generiertes Bild mit einer Frau mit Handy im Vorderund.
firefly.adobe.com - generiert mit KI

KI in der Smart City – Zukunftstechnologie und Gemeinschaftsaufgabe

11.06.2025

Ob intelligente Verkehrssteuerung, Umweltanalysen in Echtzeit oder bürgernahe Beteiligungstools: KI kann Kommunen helfen, komplexe Herausforderungen unserer Zeit effizienter, inklusiver und nachhaltiger zu bewältigen. Die Modellprojekte Smart Cities (MPSC) zeigen: Der erfolgreiche Einsatz von KI in Städten ist keine rein technische Herausforderung. Es ist vielmehr eine Gemeinschaftsaufgabe, die interdisziplinäres Denken, Sektor übergreifende Zusammenarbeit und eine klare Vision braucht. Doch wie genau sieht das in der Praxis aus?

Main content

Die KI-Anwendungen der MPSC machen deutlich: KI kann nicht nur punktuell, sondern in erster Linie auch strukturell zu einer smarten Stadtentwicklung beitragen und sie entfaltet besonders dort Wirkung, wo Menschen vor Ort gemeinsam Lösungen entwickeln – mit Offenheit für Neues, interdisziplinärer Zusammenarbeit und einem klaren Ziel: lebenswerte Städte und Regionen für alle zu gestalten.

Mannheim: KI für Klimaresilienz – Stadtplanung mit Mikroklimamodellen

Ein mikroskaliges Rastermodell der Stadt Mannheim
Das mikroskalige Rastermodell der Stadt Mannheim Smart City Mannheim

In Mannheim wird KI genutzt, um die Stadt an den Klimawandel anzupassen – mit einem lernenden Klimamodell, das Daten in Echtzeit verarbeitet. Die hochauflösenden Echtzeitdaten und präzisen Prognosen sollen ermöglichen, dass die Stadt auf Wetter- und Klimaveränderungen zielgerecht reagieren und dadurch Resilienz sowie Planungssicherheit stärken kann. Die Grundlage dafür ist ein feinmaschiges Klimamessnetz mit über 500 Messpunkten. Die erfassten Wetterdaten – von Temperatur über Luftfeuchtigkeit bis hin zur Sonneneinstrahlung – fließen in ein mikroskaliges Modell ein, das die Stadt auf einer Rasterweite von fünf mal fünf Metern abbildet, also auf einer sehr kleinen Skala, die mit dem menschlichen Auge nicht direkt wahrnehmbar ist. So lassen sich urbane Hitzeinseln identifizieren, städtebauliche Maßnahmen planen und Prognosen für bis zu 48 Stunden erstellen. Die KI lernt dabei kontinuierlich – je mehr Daten, desto genauer die Vorhersagen. 

Mit unserer KI schaffen wir ein Frühwarnsystem für die Stadtplanung. Die KI zeigt uns, wo es morgen zu heiß wird – und was wir heute tun können. 
Robert Thomann, Geschäftsführer sMArt City Mannheim

Connected Urban Twins: KI im digitalen Stadtmodell

"KI hilft uns, die Realität besser zu verstehen – und Zukunftsszenarien fundiert zu durchdenken", betont Nora Reinecke, Gesamtprojektleiterin des Connected Urban Twins-Projekt (CUT). Im CUT-Projekt entwickeln die drei Städte Hamburg, Leipzig und München gemeinsam urbane digitale Zwillinge – virtuelle Abbilder der Stadt, in denen Daten analysiert, visualisiert und simuliert werden. Zwei vom Scads.AI Leipzig prototypisch entwickelte Anwendungen zeigen exemplarisch den praktischen Nutzen von KI: Die automatisierte Stockwerkerkennung nutzt Fassadenbilder aus Straßenbefahrungen und ein neuronales Netz, um Gebäudehöhen zu erfassen – eine wichtige Grundlage für Planung und Infrastrukturentwicklung. ScaDS.AI Leipzig ist Teil eines nationalen KI-Kompetenzzentrums, das an der Universität Leipzig angesiedelt ist und sich auf skalierbare Datenanalyse und Künstliche Intelligenz in Forschung, Transfer und gesellschaftlichem Dialog spezialisiert. Daneben hilft die KI-gestützte Parkraumanalyse, das Parkverhalten der Einwohnerinnen und Einwohner besser zu verstehen und Bewohnerparkzonen effizienter zu gestalten. "In der städteübergreifenden Zusammenarbeit wird immer wieder deutlich, dass KI die Zukunftsaufgabe für alle Städte und Kommunen ist, die wir aber nur gemeinsam und in Kooperationen erfolgreich werden meistern können", meint Reinecke: "Daher setzen wir auf einen modularen Aufbau und den Wissenstransfer, um dafür zu sorgen, dass auch andere Städte von unseren Ergebnissen profitieren können."

Weitere Informationen:

Jena und Süderbrarup: Gemeinsam für digitale Souveränität – KI trifft Open Source

"Was wir entwickeln, soll nicht nur uns helfen, sondern vielen Kommunen offenstehen. Das ist unser Verständnis von nachhaltiger Digitalisierung," sagen Dorothea Prell, Gesamtprojektleiterin und Beauftragte der Smart City Jena und Stefan Schwarz, Teilprojektleiter für das Handlungsfeld „Digitale Verwaltung“. Unter anderem auch deshalb ist Jena mit dem Amt Süderbrarup in Schleswig-Holstein eine Kooperation eingegangen: Seit April 2025 entwickeln die beiden Modellprojekte Smart Cities gemeinsam ein KI-gestütztes Open-Source-Chatsystem, das sowohl für die interne Verwaltungskommunikation als auch für den Einsatz im Bürgerdialog gedacht ist. Das flexible, datensouveräne System kann von anderen Kommunen genutzt und weiterentwickelt werden. Die Kooperation verbindet dabei urbane Technologietiefe mit ländlicher Innovationsfreude – und setzt gezielt auf Open Source, um Abhängigkeiten zu vermeiden und Wissen zu teilen. "Unsere Zusammenarbeit zeigt: Künstliche Intelligenz und Open Source sind kein Widerspruch, sondern vielmehr eine Chance für mehr digitale Eigenständigkeit, auch über kommunale Grenzen hinweg!", freut sich Projektleiterin Nicole Döpp, MPSC Amt Süderbrarup.

Wuppertal als Vorbild für eine smarte Kreislaufwirtschaft

Handy in der Hand eines Menschen
Weniger Wegwerfen mehr Wiederverwenden - mit KI-gestützter Bilderkennung Stadt Wuppertal

Wie lassen sich Digitalisierung, Klimaschutz und Kreislaufwirtschaft erfolgreich miteinander verbinden? Das MPSC Wuppertal zeigt, wie es gehen kann. Im Projekt „Smart Waste Tal“ entwickelt die Stadt digitale Werkzeuge, um mit innovativen Ansätzen zur Abfallvermeidung und -verwertung die Kreislaufwirtschaft zu stärken und das Bewusstsein für nachhaltigen Konsum zu fördern. Das zentrale Element des Wuppertaler Projekts ist eine KI-gestützte Bilderkennung, die Bürgerinnen und Bürger bei der Erkennung defekter Produkte unterstützt und direkt passende Informationen liefert – etwa zur Reparatur, Wiederverwendung oder fachgerechten Entsorgung. Auch Gamification-Ansätze kommen in Bioabfall-Aktionen, die spielerisch zur richtigen Mülltrennung motivieren, zum Einsatz. 
"Künstliche Intelligenz kann helfen, Abfall zu vermeiden – aber der Schlüssel zu einem Umdenken liegt darin, Menschen auf neue, positive Weise zu erreichen", meint Jacqueline Stork, Leiterin Competence Center der Smart City Wuppertal. Das MPSC Kassel möchte diesen Ansatz später für die eigenen städtischen Bedürfnisse weiterentwickeln.

Konstanz: KI findet Einsatz beim Schiffanlegen, an der Ampelkreuzung und im Schwimmbad

Punktewolke generiert aus Sensordaten
Punktewolke generiert aus Sensordaten zur Erfassung des Verkehrsgeschehens Smart City Konstanz

In Konstanz soll KI einen ganz konkreten Nutzen haben: Auf dem Bodensee soll künftig ein Assistenzsystem helfen, Energie zu sparen. Auf der Basis der Schiffsdaten der MS Mainau und den Wind- und Strömungsverhältnissen berechnet ein Assistenzsystem den optimalen Kurs für das Schiff, um den Schiffsführer beim An- und Ablegen am Steg energiesparend zu unterstützen. Zudem erklärt eine Anzeige den Mitfahrenden auf dem Schiff die Daten und Berechnungen, damit ein besseres Verständnis für das Assistenzsystem an Bord vermittelt wird. Das Projekt wird in Kooperation mit der Hochschule und Universität Konstanz sowie den Bodensee-Schiffsbetrieben entwickelt.

Neben der Schifffahrt soll KI auch in den städtischen Hallenbädern für mehr Sicherheit der Badegäste sorgen und bei Ampelkreuzungen testet die Stadt Konstanz eine Ampelschaltung, die vorausschauend auf Grün schaltet. Sie soll für Fußgänger und Radfahrende die Wartezeit an verkürzen. Auf der Grundlage einer großen Datenbasis ist geplant, auf menschliche Bewegungsmuster zu reagieren. "Mit der Wissenschaft und unserer Konstanzer Stadtverwaltung können wir im öffentlichen Raum die Möglichkeiten von KI testen. Die Ergebnisse sind für unsere Bürgerinnen und Bürger und auch für die anderen Kommunen wertvoll" erläutert Christin Wohlrath, MPSC Konstanz.

Bitburg-Prüm: KI für Sicherheit und Energieeffizienz im ländlichen Raum

Nicht nur Städte, sondern auch ländliche Regionen können mit KI große Wirkung erzielen. Mit Unterstützung des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) entwickelt der Landkreis Eifelkreis Bitburg-Prüm ein System für KI-gestützte Hochwasservorhersagen. Pegelsensoren entlang kleinerer Flüsse liefern Daten in Echtzeit, die künftig mit Wetterdaten verknüpft werden, um Warnungen schon Stunden vor einem drohenden Hochwasser auszugeben. Zugleich entsteht in Bitburg-Prüm ein intelligentes Lademanagement für die E-Fahrzeugflotte der Kreisverwaltung: Auf Basis von Photovoltaik-Erzeugung und Fahrplandaten berechnet eine KI den optimalen Ladezeitpunkt für die Flotte. Das spart Strom und hilft dem Klimaschutz. Doch die KI bleibt hier nicht im „verborgenen Kämmerlein“: Durch öffentlich zugängliche Teststationen und interaktive Lernorte in den Gemeinden werden die Projekte auch für die Einwohnerinnen und Einwohner sichtbar und verstehbar.

KI in Kommunen – schon jetzt vielfältig und wirksam

Künstliche Intelligenz in der kommunalen Praxis kommt also schon heute vielfältig und wirksam zu Einsatz – ob in der Klimaresilienz, der Kreislaufwirtschaft oder im Bürgerdialog. Dabei geht es um tragfähige Lösungen, die im Alltag von Städten und Gemeinden funktionieren und so Mehrwerte schaffen. Was alle vorgestellten Projekte dabei verbindet: KI entfaltet ihre Wirkung vor allem dort, wo sie in kommunale Prozesse eingebettet ist, gemeinsam gestaltet und gleichzeitig auch kritisch hinterfragt wird. Das heißt: Wo Daten verständlich aufbereitet und Menschen mitgenommen werden und die Technologie auf konkrete Herausforderungen antwortet.

Lesetipp: KI-Studie Vorabinformationen

Wie können Kommunen Künstliche Intelligenz (KI) nutzen, um Ziele der Stadtentwicklung zu erreichen? Und worauf müssen sie dabei achten? Auf diese und weitere Fragen liefert eine in Kürze erscheinende Studie der Begleitforschung Modellprojekte Smart Cities umfassende Antworten. Um kommunale Entscheiderinnen und Entscheider bei dieser Aufgabe zu unterstützen, präsentieren die Autorinnen und Autoren ein zu diesem Zweck entwickeltes Schema, das die Leistungen KI-basierter Systeme und ihre angestrebten Wirkungen systematisch erfasst. Kommunen können es nutzen, um ihre eigenen Anforderungen zu strukturieren und mit den Leistungen von KI abzugleichen.

Zentral für einen erfolgreichen Einsatz von KI in Kommunen ist:

  • dass Kommunen über notwendiges technisches, organisatorisches und fachliches Know-how verfügen – intern oder extern. Wichtig ist, fehlende Expertise zu erkennen und gezielt zu ergänzen. Dazu braucht es auch ein Basisverständnis der Möglichkeiten und Grenzen von KI für die Stadtentwicklung.
  • dass es eine klare Vision und den Willen auf allen Ebenen gibt, um KI-Projekte in der Kommune umzusetzen. Dazu zählt auch, frühzeitig andere Akteure mit ins Boot zu holen: Eine erfolgreiche Umsetzung gelingt meist nur im Verbund mit Partnern aus Wissenschaft, Wirtschaft und anderen Kommunen.
  • dass der Einsatz von KI innerhalb der Kommune, aber auch mit anderen Kommunen und Partnern koordiniert wird – insbesondere hinsichtlich der Datenverfügbarkeit. Voraussetzung für die Skalierung von KI-Anwendungen sind qualitativ hochwertige und maschinenlesbare Daten. Das ist nicht nur eine technische, sondern vor allem auch eine kommunalpolitische Aufgabe.

Der Einsatz von KI in Kommunen ist auch rechtlich voraussetzungsreich: Neben inhaltlichen Fragen der Stadtentwicklung und technischen Voraussetzungen enthält die Studie daher auch einen Exkurs zum AI Act der Europäischen Union, der wichtige Regelungen für den Einsatz von KI durch Kommunen leicht verständlich aufbereitet.

Die vom Deutschen Institut für Urbanistik (Difu) und Fraunhofer-Institut für Experimentelles Software Engineering IESE erarbeitete Studie erscheint beim Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR). Sie steht in Kürze auf dieser Website sowie auf www.bbsr.bund.de zum Download bereit.