Main content
Ob auf Quartiersebene oder in der gesamten Kommune: In Fuchstal steuert ein Virtuelles Kraftwerk verschiedene Energiequellen, Osnabrück setzt auf Energiegemeinschaften und in Konstanz hilft ein digitales Planungstool bei der Quartiersentwicklung. Diese und weitere Beispiele aus den Modellprojekten Smart Cities zeigen, wie Kommunen die Energiewende aktiv gestalten können.
Smart Region AUF: Virtuelles Kraftwerk Fuchstal

Photovoltaik, ein Wasserkraftwerk, ein Bürger-Windenergiepark, eine Biogasanlage sowie ein innovatives Fernwärmenetz: Die bayerische Gemeinde Fuchstal zeigt schon heute, wie eine kommunale Energieversorgung klimaschonend und weitgehend autark funktionieren kann.
Seit Anfang 2025 steuert ein „Virtuelles Kraftwerk“ die verschiedenen Energiequellen intelligent und sorgt so für eine optimale Nutzung der erzeugten Energie. Mithilfe einer im Rahmen des Modellprojekts Smart Cities Smart Region AUF entwickelten Software werden die unterschiedlichen Energieerzeugungsanlagen und -komponenten über Schnittstellen miteinander verknüpft. Überschüssiger Strom aus Wind und Sonne wird genutzt, um Wasser zu erhitzen. So dient ein „Wärmetopf“ als Speicher und die zentrale Anlage kann Energie bedarfsgerecht bereitstellen.
„Das Virtuelle Kraftwerk bündelt den Strom vieler kleiner Erzeuger und sorgt so für eine optimale Nutzung“, erklärt Thomas Reukauf vom Kommunalunternehmen Fuchstal. „Wir haben damit sehr gute Voraussetzungen geschaffen, unsere Anlagen wie den Solarpark und die Windräder nachhaltig und unabhängig von Förderung oder der EEG-Umlage zu betreiben.“
Dank Open Source kann die Software aus Fuchstal auch in anderen Kommunen eingesetzt werden, wenn ähnliche Voraussetzungen bestehen. Ein zentraler Erfolgsfaktor für die gelungene Umsetzung in Fuchstal sei das Engagement des Bürgermeisters gewesen, sagt Thomas Reukauf: „Es braucht einen Macher, der bei allen Beteiligten Vertrauen in die Umsetzung aufbaut.“
In Fuchstal wird bereits konkret eine Ausweitung des Virtuellen Kraftwerks auf die Nachbargemeinde Apfeldorf diskutiert – und auch andere Gemeinden aus dem Landkreis haben bereits Interesse gezeigt.
Energiegemeinschaften in Osnabrück: Wie durch Energy Sharing die Energienutzung im Quartier effizienter werden soll
Die Idee, erneuerbare Energien gemeinschaftlich zu nutzen, gewinnt in vielen Kommunen an Bedeutung. Die Stadt Osnabrück erprobt als Modellprojekt Smart Cities diesen Ansatz auf Quartiersebene und arbeitet dafür eng mit dem örtlichen Energienetzbetreiber SWO Netz GmbH zusammen.
Ein zukunftsweisendes Projekt, das jedoch noch ganz am Anfang steht, ist die Idee von Energiegemeinschaften zur effizienteren Energienutzung. Zusammen mit Anwohnerinnen und Anwohnern eines Wohngebiets soll ermittelt werden, welche Formen der sektorgekoppelten Energieversorgung möglich sind. Das bedeutet, dass Strom, Wärme, Verkehr und Industrie nicht isoliert betrachtet, sondern miteinander vernetzt werden. Beispiele für diesen Ansatz sind überschüssiger Solarstrom, der wie in Fuchstal zum Erhitzen von Wasser genutzt wird (Power-to-Heat), oder die Umwandlung von Strom in Gas (Power-to-Gas), das später für Heizungen oder Fahrzeuge eingesetzt werden kann.
In einer ersten Phase wurden Energiedaten aus einer ausgewählten Nachbarschaft gesammelt und visualisiert. „Wir wollen den Menschen zeigen, wo und wie viel Energie verbraucht wird – und welche Einsparmöglichkeiten es gibt“, erklärt Martin Kuppelmayr von SWO Netz. Auf Basis dieser Daten wird nun eine Machbarkeitsstudie erstellt, später soll das Quartier als Reallabor dienen.
Eine Herausforderung besteht darin, Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer zu überzeugen, sich zu einer Gemeinschaft zusammenzuschließen. „Viele Heizsysteme sind noch für Jahre in Betrieb – der richtige Zeitpunkt für eine Umstellung ist daher entscheidend“, so Kuppelmayr. Sein Tipp für Kommunen, die ein ähnliches Projekt starten wollen: „Frühzeitig Menschen finden, die bereit sind, gemeinsam etwas aufzubauen.“
Smart Green City Konstanz: Energiemonitoring im Quartier
Auch die Smart Green City Konstanz will transparent machen, welche Auswirkungen der Ausbau klimafreundlicher Energieinfrastrukturen auf Kosten und Treibhausgasemissionen hat. Die Stadt am Bodensee entwickelt gerade ein Planungstool, mit dem die optimale Energieversorgung einzelner Quartiere berechnet und visualisiert werden kann. Ein interaktiver Szenarien-Editor soll verschiedene Energieversorgungsszenarien modellieren und bewerten. Das Projekt wird von der Universität Konstanz, den Stadtwerken Konstanz und der Stadtverwaltung gemeinsam umgesetzt.
Das Projekt ist ein Meilenstein für die Energiewende auf lokaler Ebene. Durch das neue Planungstool wollen wir fundierte und zukunftsorientierte Entscheidungen über die künftige Energieinfrastruktur treffen können.
Christin Wohlrath, Smart Green City Konstanz
Das Planungstool wird aus verschiedenen Daten gespeist: Daten werden aus den Strom- und Gasleitungsnetzen, Gebäudedaten aus dem Energienutzungsplan oder auch aus Schornsteinfegerdaten verwertet. Die wissenschaftliche Arbeit der Universität Konstanz spielt in der Aufbereitung der Daten und der Integration in das Planungstool eine große Rolle, die Kommunen nicht leisten können. Die Projektpartner sind im zweiten Quartal 2025 gespannt, die erste Version der Modellierung und visuellen Darstellung des Planungstools zu testen.

KielRegion: Digitales Quartiersentwicklungstool am Beispiel Wärme
Um Kommunen bei der Wärmebedarfsplanung zu unterstützen und datenbasierte Entscheidungsgrundlagen für die zukünftige energetische Quartiersplanung- und -sanierung zu liefern, entsteht im Projekt SmarterLeben der KielRegion ein digitales Quartiersplanungstool am Beispiel Wärme. Das Ziel: bestehendes Fachwissen und Datensätze der Verwaltung neu verknüpfen und zu einem integrierten Planungsansatz verbinden.
Forschende vom Kompetenzzentrum für Geoenergie der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel haben bereits ein 3D-Energiemodell entwickelt, das Materialeigenschaften von Gebäuden mit lokalen Wetterdaten verknüpft. Dadurch kann der stündliche Heiz- und Kühlbedarf gebäudescharf simuliert werden. Der Open-Source-Code für das Tool „Open Source Urban Building Energy Model KielRegion“ (OS UBEM KielRegion) wird in Kürze auf OpenCode.de veröffentlicht.
Die Zusammenarbeit zwischen der Universität und dem Smart-City-Projekt soll weitergehen. Bisher wurden nur Daten für Kiel intern genutzt. „In der nächsten Phase werden wir diese veröffentlichen und einen Prozess entwickeln, um die gesamte KielRegion zu modellieren“, erklärt Simon Radtke vom Projekt SmarterLeben.
Smart City Geestland: Smartes Energiemonitoring per Funknetzwerk

Auch die kontinuierliche Überwachung des Energieverbrauchs spielt eine wichtige Rolle. Im niedersächsischen Geestland wird hierfür ein umfassendes Funknetzwerk aufgebaut, das Echtzeitdaten zur Energieeffizienz öffentlicher Gebäude liefert. Derzeit werden Grundschulen, Kitas, Feuerwehren, zwei Rathäuser, Sporthallen und Dorfgemeinschaftshäuser sukzessive mit intelligenten Sensoren für Strom und Wärme sowie später auch für Wasser ausgestattet. Die Verbrauchsdaten sollen über Funkmodule, sogenannte Gateways, mehrmals täglich an einen zentralen Server übermittelt und ausgewertet werden.
Der Vorteil dieser Technik: Die Zählerstände, die derzeit nur einmal jährlich abgelesen werden, lassen sich nahezu in Echtzeit überwachen.
Indem wir die Energieverbräuche täglich erfassen, können wir den Bedarf besser kontrollieren und nachvollziehen. Wir erkennen, wo zu viel Energie verbraucht wird und wo wir nachsteuern müssen.
Laura Kottsieper, Smart City Geestland
Voraussetzung für das smarte Energiemonitoring ist neben der Sensorik der Aufbau eines stadtweiten LoRaWAN-Netzwerks. Hierfür werden an zentral gelegenen Liegenschaften insgesamt zehn Gateways installiert, die die Datenübertragung zwischen der am Zähler angebrachten Sensorik und einer Datenplattform sicherstellen.
Ende 2025 soll das System für die größeren Liegenschaften in Betrieb genommen werden. Das Smart-City-Team aus Geestland will die gewonnenen Erfahrungen für eine zweite Ausschreibung nutzen, bei der weitere Gebäude integriert und auch der Wasserverbrauch erfasst werden soll. Eine Herausforderung dabei: Die bisherigen Wasserzähler sind nicht LoRa-fähig und müssen zuvor erst ausgetauscht werden.
Ein wichtiges Learning, so berichtet Laura Kottsieper, sei es gewesen, Schritt für Schritt vorzugehen. „Es war zuerst vorgesehen, alle Liegenschaften und alle Zähler in einer großen Ausschreibung unterzubringen. Im Laufe der Erstellung des komplexen Leistungsverzeichnisses ist uns jedoch bewusst geworden, dass es besser ist, zunächst mit einem Teil der Liegenschaften zu starten.“
Modellprojekte Smart Cities als Wegbereiter
Viele der hier vorgestellten Projekte befinden sich noch in der Pilotphase oder am Beginn ihrer Umsetzung. Dennoch zeigen sie bereits, welche Potenziale in digitalen und datenbasierten Lösungen für die Energiewende stecken. Die Modellprojekte Smart Cities dienen dabei nicht nur als Experimentierorte für innovative Technologien, sondern auch als Wegbereiter für andere Kommunen. Durch den offenen Austausch von Erfahrungen, Erkenntnissen und Softwarelösungen können auch weitere Städte und Gemeinden von den entwickelten Lösungen profitieren und eigene smarte Energiekonzepte umsetzen.
Lesetipp: Smart City trifft Wärmewende
In einem aktuellen Beitrag für den Smart City Blog zeigen wir, welche Herausforderungen durch die Wärmeplanung entstehen und wie Urbane Digitale Zwillinge die Kommunen bei ihrer Umsetzung zukünftig unterstützen können.
Arbeitsgruppe „Klimaschutz, Klimaanpassung und Resilienz“
Über 40 Kommunen tauschen sich in der Arbeitsgruppe „Klimaschutz, Klimaanpassung und Resilienz“ der Modellprojekte Smart Cities darüber aus, wie digitale Lösungen zur Klimaresilienz beitragen können. Unter anderem gibt es eine Themengruppe mit dem Schwerpunkt „Energiedatenplattform“, die Kommunen bei der Nutzung von Energiedaten unterstützt. Zudem wurde ein praxisnahes FAQ veröffentlicht, das häufige Fragen zur Verbindung von Smart City und Klimaschutz beantwortet. Interessierte Kommunen können sich aktiv einbringen.
Smart City Lösung: Energiewende-Dashboard aus Leipzig
Wie viel erneuerbare Energie wird in der Stadt bereits produziert – und wo gibt es noch Potenzial? Das Energiewende-Dashboard Leipzig macht genau das auf einen Blick sichtbar. Es visualisiert Energieflüsse, analysiert Szenarien und unterstützt datenbasiert die strategische Steuerung der städtischen Energiewende. Dank öffentlicher Datenquellen, modularer Architektur und einem Software-as-a-Service-Modell lässt sich die Lösung einfach auf andere Kommunen übertragen – für mehr Transparenz, bessere Planung und schnellere Fortschritte beim Klimaschutz.
Die Lösung ist bereits als strukturierter und übersichtlicher Steckbrief verfügbar – zum Nachlesen, Teilen und Nachnutzen.