BIPED
Stadt Aarhus

BIPED - Durch urbane digitale Zwillinge zu positiven Energiedistrikten

In der dänischen Stadt Aarhus entsteht mit Hilfe eines digitalen Zwillings ein Stadtviertel, das genauso viel Energie erzeugt wie es verbraucht.

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Das Projekt Building Intelligent Positive Energy Districts (BIPED) in Aarhus zielt darauf ab, das Stadtviertel Gellerup zu einem positiven Energiedistrikt zu entwickeln – einem Quartier, das im Jahresverlauf genauso viel Energie erzeugt, wie es verbraucht. Grundlage ist ein urbaner digitaler Zwilling, der vielfältige Datenquellen zu Energie, Mobilität, Gebäuden und Verhalten der Bewohnerinnen und Bewohner in einem digitalen 3D-Modell zusammenführt.

Durch die Kombination technischer, sozialer und kultureller Informationen entsteht ein umfassendes Bild des Stadtviertels. Dieses ermöglicht es, Energieeffizienzmaßnahmen gezielt zu planen, erneuerbare Energien optimal einzusetzen und gleichzeitig die Bedürfnisse der Bevölkerung stärker in den Mittelpunkt zu rücken. Der digitale Zwilling ermöglicht sowohl eine Optimierung des Energiemanagements als auch die integrierte Planung verschiedener Maßnahmen.

Aarhus versteht das Projekt als Teil seiner Klimastrategie, deren Ziel es ist, bis 2030 klimaneutral zu werden. Mit BIPED wird Gellerup zu einem Reallabor für integrierte, soziale gerechte und datenbasierte Energiewende im Quartier.

Was macht die Smart City Lösung besonders wirkungsvoll? BIPED zeichnet aus, dass der Lösungsansatz technologische Innovation mit lokalem Kontextwissen verbindet. Durch eine enge Projektsteuerung wird sichergestellt, dass international entwickelte Modelle und Tools an die realen sozialen, räumlichen und energetischen Bedingungen Gellerups angepasst werden. So bleibt die technische Entwicklung praxisnah, fördert lokale Akzeptanz und unterstützt Aarhus dabei, Klimaziele und soziale Stadtentwicklung in Einklang zu bringen.

Hintergründe des Projektes

Lokale Herausforderungen

Lokale Herausforderungen

Aarhus steht als wirtschaftliches Zentrum Jütlands und bedeutender Hafenstandort vor der Herausforderung, urbanes Wachstum, Energieverbrauch und Klimaschutz in Einklang zu bringen. Die hohe Bevölkerungsdichte von um die 3.000 Einwohnenden je km2, der große Anteil sozialer Wohnquartiere und der anhaltende Modernisierungsdruck im Stadtteil Gellerup machen deutlich, dass die Energiewende in Aarhus nicht nur technisch, sondern auch sozial und räumlich gelingen muss.

Der hohe Energiebedarf von Industrie, Hafen und Wohngebieten trägt wesentlich zum städtischen CO2-Fußabdruck bei. Gleichzeitig bietet die fortgeschrittene Digitalisierung der Stadtverwaltung die Chance, mit urbanen digitalen Zwillingen datenbasiert und integrativ zu planen. Das BIPED-Projekt setzt genau hier an: Es soll zeigen, wie Energieeffizienz, erneuerbare Energien und soziale Teilhabe auf Quartiersebene zusammengeführt werden können, um Aarhus‘ Ziel der Klimaneutralität bis 2030 zu erreichen. 

Ansatz zur Projektentwicklung

Ansatz zur Projektentwicklung

Das BIPED-Projekt knüpft an verschiedene kommunale und nationale Strategien an. Die Aarhus Climate Strategy und die “7 vilde problemer” (“sieben wilde Probleme”) kreisen um den Klimaeinfluss der Stadt Aarhus und den Fragen, welche Beiträge die Stadt leisten kann. Dabei steht insbesondere das Ziel im Mittelpunkt, bis 2030 Klimaneutralität zu erreichen und lokale Lösungen für Energieeffizienz und Ressourcenschonung zu entwickeln. Smart Aarhus und die nationale DK Digital Strategy hingegen legen den Fokus auf die digitalen Herausforderungen und Potenziale. BIPED verbindet diese Ansätze, indem es technologische Innovation mit sozialer Stadtentwicklung verknüpft und den urbanen digitalen Zwilling als Werkzeug nutzt, um Energiewende und Quartiersentwicklung zusammenzuführen. Finanziert wird das Projekt unter anderem durch die European City Mission for Climate Neutrality and Smart Cities.

Smart City Dialog City Diagramms_Aarhus
Creative Climate Cities

Weitere Informationen

Entwicklung und Umsetzung

Entwicklung und Umsetzung

Zielgruppen

Planerinnen und Planer: Der urbane digitale Zwilling richtet sich in erster Linie an Planerinnen und Planer, die ein positives Energiedistrikt umsetzen. Der digitale Zwilling stellt Instrumente zur Verfügung, das Viertel ganzheitlich zu planen.

Zivilgesellschaft: Zivilgesellschaftliche Akteure wie der Verein Sol over Brabrand können den digitalen Zwilling als Argumentationsgrundlage verwenden. BIPED schafft einen Raum für Dialoge rund um die nachhaltige Entwicklung des Stadtviertels, in der die Bewohnerinnen und Bewohner als handelnde Akteure agieren können. So können sich beispielsweise Vereine, die für erneuerbare Energien einstehen, auf eine Datenbasis für das Viertel zurückgreifen und datenbasierte Aktionspläne entwerfen. 

Umsetzungspartner

Im Rahmen des Projektes arbeiten 13 Organisationen zusammen. Die Projektleitung liegt bei der Technischen Universität Dänemark (DTU). Das Digital Resilience Institute unterstützt die DTU bei der planerischen Umsetzung des BIPED-Projektes.

Für die rechtlichen Belange ist Utriusque verantwortlich. Die Verkehrsmodellierung wird durch Road Twin, die Westböhmische Universität in Pilsen und InnoConnect umgesetzt.

Der digitale Zwilling innerhalb des Projektes ist eine Zusammenarbeit von Virtual City Systems (3D-Modell und Simulationen) und Daten-Kompetenzzentrum Städte und Regionen (Verwaltung der Plattform). Open & Agile Smart Cities & Communities stellt die Reproduzierbarkeit und Verbreitung der Lösung im internationalen Kontext sicher, unter anderem durch die Organisation eines Stakeholderforums. Das Austrian Institute of Technology entwickelt im Rahmen des Projektes neue Parameter für urbane digitale Zwillinge, um kulturelle Faktoren besser abzubilden.

Um die Ausarbeitung des positiven Energiedistrikts kümmern sich neben der Kommune Aarhus noch die gemeinnützige Organisation Center Denmark und KPMG. Center Denmark entwickelt in diesem Zusammenhang unter anderem Werkzeuge für die Wirkungsmessung.

Prozessschritte
  • Bestimmen der Stakeholder: Anhand eines Double Diamond Prozesses wurden zahlreiche Stakeholder konkreten Bausteinen des Projektes zugeordnet. Bei diesem Prozess werden in einer erster Phase explorativ Stakeholder und Herausforderungen ergründet und in einer zweiten Phase Lösungsansätze entwickelt
  • Entwickeln eines Prototyps: Anschließend wurden verschiedene Funktionen des digitalen Zwillings in Workshops anhand von Modellen erprobt.
  • Einarbeiten von Feedback: Besonders im Hinblick auf Governance-Strukturen im Zusammenhang mit der Nutzung digitaler Zwillinge wurde Feedback eingearbeitet.

 

Technische Infrastruktur

Open Standards

  • CityGML
  • GeoJSON
  • GML
  • GlTF

Offene Schnittstellen

  • OGC WMS
  • WFS
  • WCS
  • OGC API Features

Das 3D-Modell enthält verschiedene Layer, die sich nach dem OGC-CityGML-Standard richten und über eine LOD2-Auflösung verfügen. Die Layer beinhalten zum Beispiel Gebäude- und Vegetationsmodelle. 

Datenmodell und -grundlagen

Aarhus verfolgt bei der Umsetzung des positiven Energiedistrikts einen datenorientierten Ansatz. Dabei stehen das Aufbrechen von Datensilos und eine sektorenübergreifende Herangehensweise an die Lösung im Mittelpunkt. Der datenorientierte Ansatz bedeutet, dass zuerst die Infrastruktur für den Datenaustausch in Form von Datenplattformen gebaut wird. An diese funktionsfähige Infrastruktur anknüpfend werden anschließend einzelne Anwendungen entwickelt. Dadurch unterscheidet sich die Aarhuser Herangehensweise von Ansätzen, die sich in einem ersten Schritt auf konkrete Anwendungsfälle oder auf Visualisierungen konzentrieren.

Im Rahmen des Projektes werden Minimal Interoperability Mechanisms (MIMs) eingesetzt, um die Interoperabilität der Daten zu gewährleisten. Neben offenen Daten werden auch offene Schnittstellen und offene Standards verwendet, um die Übertragbarkeit des Projekts auf andere Kontexte zu gewährleisten.

Die Daten gehören der Kommune Aarhus und werden von ihr gehostet. Die Plattform selbst wird die Kommune nach Vollendung des Projektes als eine Dienstleistung (Software-as-a-Service) in Anspruch nehmen. Neu erhoben werden insbesondere IoT-Daten von Verkehrsüberwachungsgeräten, Fernerkundungen für Luftverschmutzungsdaten und Wärmekartierungen.

Die Datengrundlage bilden neben städtischen Datensätzen auch Sensordaten und GIS-Daten. Mittels HTTPs, Websocket und MQTT werden diese zu verschiedenen Datensätzen aggregiert. Aus diesen ziehen sich verschiedene Fachmodelle wie das Mobilitätsmodell oder das Stadtmodell anhand von OGC-Webservices und geeigneten API-Schnittstellen Informationen, die im letzten Schritt im 3D-Modell oder auf Dashboards visualisiert werden. 

Interviewpartner