Digital twin Durban
Durban

Durban Digital Twin – Südafrikas Pilotprojekt für urbane digitale Zwillinge

In Durban verbindet ein digitaler Zwilling Planung, Krisenmanagement und Stadttransformation auf neue Weise. Basis ist eine kommunalen Datenplattform.

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Der urbane digitale Zwilling Durbans ist ein digitales 2D- und 3D-Modell der Stadt, das mit zahlreichen Geodaten und Verwaltungsinformationen verknüpft ist. Er ermöglicht die Analyse und Visualisierung von Gebäuden, Schattenwürfen oder Solarpotenzialen und wird in die kommunale Datenplattform „Strategic Hub“ integriert. Diese Plattform dient als zentraler Ort, an dem städtische Daten gesammelt, geprüft und veröffentlicht werden und bündelt strategische Ziele, Indikatoren und kartografische Darstellungen.

Der digitale Zwilling ist aktuell nur kommunalen Mitarbeitenden zugänglich. Eine Öffnung für die Bevölkerung ist für Anfang 2026 geplant. Zukünftig sollen Modellierungsfunktionen hinzukommen, mit denen Szenarien und Vorhersagen etwa zu Klimarisiken, Stadtentwicklung oder Infrastrukturveränderungen simuliert werden können.

Ziel des Vorhabens ist es, Planungsprozesse zu verbessern, Entscheidungen auf einer evidenzbasierten Grundlage zu treffen und Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit zu schaffen. Der digitale Zwilling ist aus einer Städtepartnerschaft zwischen Durban und Bremen entstanden. Initiiert wurde das gemeinsame Projektvorhaben auf einer Konferenz. Bremen unterstützt Durban bei der Implementierung des urbanen digitalen Zwillings, während Durban Bremen insbesondere beim Aufbau von Datenvisualisierungen berät.

Was macht die Smart City Lösung besonders wirkungsvoll? Der Erfolg der Lösung beruht auf offener Kommunikation, vertrauensvollen Beziehungen und einer frühzeitigen Einbindung aller relevanten Akteure. Dadurch werden Missverständnisse vermieden und Synergien geschaffen. Konkrete Datenanwendungen machen den Mehrwert der Lösung im Alltag sichtbar und motivieren weitere Beteiligte zur Mitwirkung.

Hintergründe des Projektes

Lokale Herausforderungen

Lokale Herausforderungen

Durban (eThekwini auf Zulu) ist mit knapp 600.000 Einwohnenden die drittgrößte Stadt Südafrikas. In der Metropolregion eThekwini leben 4,3 Mio. Menschen. Mit einer Bevölkerungsdichte von ca. 2600 Einwohnenden je km2 ist die Stadt deutlich dichter besiedelt als beispielsweise die Partnerstadt Bremen.

Durban steht als zweitgrößtes industrielles Zentrum Südafrikas vor komplexen klimatischen und infrastrukturellen Herausforderungen. Wiederkehrende Flutkatastrophen und die durch den Weltklimarat IPCC bestätigte Bedrohung durch den Anstieg des Meeresspiegels machen es erforderlich, städtische Infrastrukturen präzise zu erfassen und ihre Gefährdungslage modellhaft abzubilden. Der urbane digitale Zwilling muss daher in der Lage sein, kritische Infrastrukturen in Risikogebieten zu identifizieren, Schadenspotenziale zu simulieren und Entscheidungsgrundlagen für präventive Maßnahmen zu liefern.

Darüber hinaus erfordert die effiziente Krisenbewältigung nach Extremereignissen eine datengestützte Steuerung und Evaluation städtischer Dienste. Der digitale Zwilling erfasst und optimiert zum Beispiel die Routen von Hilfsfahrzeugen, die die Trinkwasserversorgung nach einer Flut sicherstellen.

Ansatz zur Projektentwicklung

Ansatz zur Projektentwicklung

Das Projekt wurde über die nachhaltige Kommunalentwicklung durch Partnerschaftsprojekte (Nakopa) von der Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW) mit Mitteln des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) finanziert. SKEW ist ein Programm von Engagement Global, einem öffentlichen gemeinnützigen Unternehmen, das durch das BMZ finanzierte Projekte bündelt.

Im südafrikanischen Kontext handelt es sich um ein Pilotprojekt. Auf nationaler Ebene werden Lösungen implementiert, die in Durban entwickelt wurden, wie die Datenplattform Strategic Hub. Darüber hinaus handelt es sich um den ersten urbanen digitalen Zwilling in Südafrika. Zusammen mit dem Department of Cooperative Governance and Traditional Affairs (Ministerium für kooperative Regierungsführung und traditionelle Angelegenheiten) arbeitet Durban an der Weitergabe der Erkenntnisse an andere südafrikanische Städte.

Smart City Dialog City Diagramms_Durban
Creative Climate Cities

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Entwicklung und Umsetzung

Entwicklung und Umsetzung

Zielgruppen

Stadtverwaltung - Der digitale Zwilling richtet sich in erster Linie an die Stadtverwaltung selbst. Er erleichtert die Arbeit, indem die Auswirkungen von Veränderungen besser eingeschätzt werden können. Dadurch wird kommunalen Mitarbeitenden eine Argumentationsgrundlage in Planungsverfahren gegeben.

Anwenderkreis - Die Implementierung von Simulationen wird den Anwenderkreis erweitern. Durch diese Funktionen werden wichtige Dienste der Stadtverwaltung freigeschaltet, die ohne einen urbanen digitalen Zwilling nicht möglich sind. Dazu zählen beispielsweise Modellierungen bezüglich der Anfälligkeit bestimmter Gebiete für Flutkatastrophen.

Bewohnerinnen und Bewohner - Die Einwohnenden der Stadt sollen zukünftig einen Zugang zum digitalen Zwilling erhalten und ihn als Informationsquelle verwenden können. Durch den digitalen Zwilling kann der Bevölkerung ein besserer Überblick über stadtplanerische Projekte gegeben werden. Darüber hinaus können Denkmäler in 3D besichtigt werden.

Stadtverwaltungen: Die Ergebnisse der AoT-Geräte kommen vor allem Stadtverwaltungen zugute. Sie schaffen eine Entscheidungsgrundlage, indem sie einen umfassenden Datensatz über die Stadt erheben. Diese Daten können vielfältig genutzt werden, beispielsweise um Fußverkehr in der Stadt zu steuern oder das Mikroklima in verschiedenen Stadtregionen zu messen.

Zukünftig breitere Zielgruppe: Im Folgeprojekt SAGE wird durch zwei Maßnahmen versucht, zukünftig die Übertragbarkeit der Lösung zu erhöhen. Die Interaktion mit den Messgeräten, die anhand von Programmierung funktioniert, soll durch KI erheblich erleichtert werden. Das Ergebnis wäre eine Interaktion, die vergleichbar mit ChatGPT ist und somit von deutlich mehr Personen ohne Programmierkenntnisse verwendet werden kann. Darüber hinaus wird geprüft, ob die AoT-Geräte 2026 außerhalb von NSF-finanzierten Projekten verfügbar gemacht werden könnten.

Umsetzungspartner

Die Lösung ist das Ergebnis einer zweijährigen Zusammenarbeit zwischen Bremen und Durban. Diese Zusammenarbeit bestand aus zahlreichen virtuellen Treffen, um technische Aspekte und datenbezogene Fragen zu klären. Darüber hinaus kam es zu persönlichen Treffen, um die unterschiedlichen Typologien der Städte kennenzulernen. Auch bei der Inbetriebnahme des digitalen Zwillings von Durban im Juni 2025 war der Bremer Bürgermeister Andreas Bovenschulte dabei. Obwohl das Projekt damit inzwischen offiziell abgeschlossen ist, kooperieren Bremen und Durban weiterhin.

Innerhalb der Stadtverwaltung Durbans war das Büro für strategische Entwicklung („Strategy Office”) federführend. Mitgewirkt haben die Abteilungen für Geoinformationssysteme und für Informationsmanagement. Das kommunale Exekutivkomitee („Executive Management Committee”) hat das Projekt genehmigt.  

Zur Umsetzung des digitalen Zwillings wurde, außer der Stadt Bremen, kein externer Partner herangezogen. Einzig das CSIR („Council for Scientific and Industrial Research”), welches Durban bereits im Rahmen des Strategic Hub Daten zur Verfügung stellt, wurde über einen möglichen Datenaustausch im Zusammenhang mit dem digitalen Zwilling konsultiert.

Prozessschritte
  • Ideenentwicklung (auf einer gemeinsamen Konferenz mit Umsetzungspartner Bremen)
  • Beantragung von Fördermitteln (über die Servicestelle Kommunen in der Einen Welt, SKEW)
  • Projektvereinbarung zwischen Bremen und Durban
  • Genehmigung durch das Exekutivkomitee der Stadt Durban
  • Projektstart 2023
  • Technische Vorarbeiten (Implementierung der Software, Daten und Formate)
  • Gemeinsame Workshops mit Bremen (u.a. zu Anwendungsfällen des digitalen Zwillings)
  • Zusammenarbeit mit verschiedenen Abteilungen der Stadtverwaltung zur Klärung notwendiger Datensätze und Implementierungsschritte
  • Pilotversion des Durban Digital Twin September 2024
  • Inbetriebnahme des digitalen Zwillings während eines Besuchs des Bremer Bürgermeisters im Juni 2025

 

Technische Infrastruktur

Der urbane digitale Zwilling Durbans basiert auf einer Mischung proprietärer und Open-Source Lösungen. Das 3D-Modell enthält verschiedene Layer, die auf der Virtual City Map laufen und über eine LOD2-Auflösung verfügen. Die Layer beinhalten zum Beispiel Gebäude- und Vegetationsmodelle. Perspektivisch wird der digitale Zwilling in die Plattform “Strategic Hub” integriert, die auf einer ESRI-basierten Infrastruktur basiert.

Datenmodell und -grundlagen

Der urbane digitale Zwilling basiert auf einem Open Data Modell. Genauso wie die Datenplattform Stat Hub werden alle Dienste kostenfrei angeboten. Einige der Datensätze sind jedoch nur bestimmten Personengruppen zugänglich, etwa Informationen zu kritischer Infrastruktur. Im Moment können im digitalen Zwilling die Landnutzung, Orthofotos, Open Street Map, 3D-Modelle der Gebäude und die Struktur der Dächer visualisiert werden. Aus diesen Daten lassen sich Informationen zur Höhe von Gebäuden, Solarpotenzial oder zum Gelände gewinnen.

Für den digitalen Zwilling werden keine eigenen Daten erhoben. Es wird auf kommunale Datenquellen wie den Datensatz zur Landnutzung zurückgegriffen. In Zukunft sollen auch Überflug-Daten von SANSA („South African Space Agency”) implementiert werden. Dies wird bereits jetzt auf der Datenplattform Strategic Hub umgesetzt, wo kommunale und externe Datenquellen verknüpft werden. Der Umgang mit den Daten wird durch die städtische Datenstrategie geregelt. 

Interviewpartner