Poster
Im Rahmen des Forschungsprojekts „Die digitale Stadt gestalten“ entsteht eine Handreichung für Kommunen, die sie auf ihrem Weg zur Smart City begleitet. Vorab erschienen: Ein Poster, das grundlegende Informationen zum Einstieg in das Thema bündelt und die verzahnten Arbeitsschritte zur Erstellung einer Smart-City-Strategie sowie zur Umsetzung von Smart-City-Projekten formuliert. BBSR

Von der Charta zur kommunalen Smart-City-Strategie

Im Auftrag des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) hat das Forschungsprojekt „Die digitale Stadt gestalten“ Handlungsempfehlungen für Kommunen erarbeitet, die sich auf den Weg zur Smart City machen.

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Porträt Flögel
Franz Flögel arbeitet am Institut Arbeit und Technik (IAT) und war federführend an der Handreichung „Die digitale Stadt gestalten“ beteiligt. Bild: IAT

Im Auftrag des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) hat das Forschungsprojekt „Die digitale Stadt gestalten“ Handlungsempfehlungen für Kommunen erarbeitet, die sich auf den Weg zur Smart City machen. Ziel der Forschungsteams von der Technischen Universität Dresden, der Agentur Urban Catalyst und dem Institut Arbeit und Technik (IAT) war es, die Smart City Charta praxisnah und anwendungsorientiert zu unterfüttern. Dies wurde unter anderem durch ein zweistufiges Vorgehen erreicht: In der ersten Projektphase wurden vier Fallstudienstädte untersucht. Aus den Ergebnissen entstand eine vorläufige Version, die in der zweiten Phase mit ausgewählten Praxiskommunen getestet und darauf angepasst wurde. Franz Flögel vom IAT hat federführend an der Handreichung mitgearbeitet.
 

An wen richtet sich die Handreichung und wie können Kommunen damit ganz konkret arbeiten?

Franz Flögel: Sie richtet sich vor allem an kleinere und mittlere Kommunen mit bisher eher wenig Erfahrung im Bereich Smart City. Wir denken aber, dass auch Kommunen davon profitieren, die schon mitten im Strategieprozess stecken.

Die Handreichung besteht aus drei Teilen: Im ersten Teil, dem „Kompass“, sind alle wichtigen Informationen zum Einstieg in den Komplex Smart City kompakt gebündelt. Dieser Teil eignet sich auch, um Verwaltungsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter, die noch wenig Berührungen mit Smart City hatten, mitzunehmen. Dies wurde uns jedenfalls so aus den Kommunen gemeldet, welche die Handreichung ausprobierten. Im zweiten Teil werden konkrete Arbeitsschritte des Strategieprozesses und der Projektarbeit beschrieben, der dritte Teil, der „Wissensspeicher“, enthält unter anderem erprobte Checklisten und Vorlagen, mit denen Verantwortliche ganz praktisch arbeiten können.

Erst die Strategie und dann die Maßnahmenplanung: Was sind die wichtigsten Schritte auf dem Weg zur Smart City?

Die reine Lehre wäre – ausgehend von einer Bestandsanalyse – Visionen, Ziele und Handlungsfelder der Smart City zu definieren und erst daraus konkrete Maßnahmen abzuleiten. In der Praxis bietet es sich aber durchaus an, den Strategieprozess bereits mit ersten Projekten zu verknüpfen. Unsere Erfahrung: Erste Umsetzungserfolge – sogenannte „Quick Wins“ – helfen, die Beteiligten abzuholen und für den weiteren Strategieprozess zu motivieren. In der Handreichung haben wir die Bereiche Strategie und Projektplanung deshalb als zwei Kreise miteinander verzahnt. Jedoch ist eine übergeordnete Vision natürlich immens wichtig, damit es im Sinne der nachhaltigen, gemeinwohlorientierten Stadtentwicklung nicht zu einem Sammelsurium von technischen Einzellösungen als Selbstzweck kommt.

Welche Rolle spielen im Smart-City-Strategieprozess andere vorhandene Stadtentwicklungsstrategien?

Idealerweise baut die Smart-City-Strategie auf vorhandenen Zielen und Strategien der Stadt auf. Dabei kommt es aber auf die Gegebenheiten vor Ort an. Die Handreichung beschreibt unterschiedliche Ansätze: Einerseits kann die Smart-City-Strategie tatsächlich eine unabhängige Strategie sein. Sie kann aber auch vorhandene Entwicklungskonzepte um Smart-City-Themen ergänzen oder gänzlich in einer vorhandenen Strategie integriert werden. Wenn es noch keine oder keine aktuelle städtische Entwicklungsstrategie gibt, kann die Smart-City-Strategie sogar die zentrale Strategie für eine Stadt oder Region sein.

Wie detailliert sollte die Smart-City-Strategie sein?

Grundsätzlich kann die Smart-City-Strategie sehr schlank gehalten sein und nur die Visionen, Ziele und Themenfelder benennen. Das ist auch in Form einer grafischen Lösung denkbar. Statt eines 300-Seiten-Dokuments sind auch unterschiedliche Formate möglich, etwa eine konzentrierte Zusammenfassung für die Öffentlichkeit, eine Beschlussvorlage für die Verwaltungsspitze und den Rat und umfängliche interne Arbeitsdokumentationen für das Smart-City-Team.  

Was sind die größten Hürden auf dem Weg zur Smart City und wie lassen sie sich überwinden?

Sicherlich ist es eine große Hürde, Menschen in kommunalen Verwaltungen und Betrieben zu begeistern, die nicht federführend an einem Smart-City-Prozess beteiligt sind. Der Weg zur Smart City bedeutet zusätzliche Belastung und so mancher fürchtet den Eingriff in die eigenen Kompetenzbereiche.

In den Kommunen, die wir untersucht haben, hat sich die offene, ehrliche und durchdachte Kommunikation als größter Erfolgsfaktor erwiesen. Plakativ gesagt hilft es schon, wenn die betroffenen Kolleginnen und Kollegen nicht erst durch Tweets oder aus der Presse davon erfahren, dass Veränderungen anstehen. Dann geht es darum, den Mehrwert der Neuerungen deutlich zu machen und hier helfen die „Quick Wins“. Und letzten Endes bedarf es immer der ernstgemeinten Unterstützung auf Leitungsebene, also etwa der Oberbürgermeisterin oder des Oberbürgermeisters.

Welche Fähigkeiten müssen „Smart-City-Macher“ mitbringen?

Wichtig sind ein technisches Verständnis und kommunikative Fähigkeiten, aber auch ein fundiertes Wissen der kommunalen Strukturen und Abläufe. Es geht nicht darum, dass eine Person alles vereint, aber diese Kernkompetenzen müssen in einem Smart-City-Team vorhanden sein. In einer der Kommunen, die wir begleitet haben, gab es ein tolles Doppelteam: Einer war Stratege und Netzwerker, der andere Verwaltungsfachmann. Er wusste genau, wie man eine Vorlage erstellt und diese im Rat platziert. So etwas ist natürlich ideal, aber es gibt inzwischen auch sehr gute Fortbildungsmöglichkeiten, Kompetenzzentren, Messen und Events, um Wissen und Fähigkeiten rund um das Thema Smart City zu stärken.

Bürgerbeteiligung ist ein wichtiges Element der Smart City im Sinne der Smart City Charta: Wie gelingt sie und wie kommuniziert man die damit verbundenen Erwartungen?

Wir empfehlen einen Mix aus analogen und digitalen Formaten der Bürgerbeteiligung, um auch alle in der Bevölkerung potenziell zu erreichen. Leider konnten wir keine analogen Formate begleiten, da die Kommunen pandemiebedingt auf digitale Formate besonders Beteiligungsplattformen gesetzt haben. Bürgerbeteiligung sollte immer zielgerichtet und kein Selbstzweck sein: Geht es darum, Missstände zu identifizieren, die Bürgerschaft als Themen- und Ideengeber einzubringen oder suche ich eher Mitmacherinnen und Mitmacher, die sich ko-kreativ einbringen oder Prototypen testen? Wenn man diese Fragen im Vorhinein eindeutig beantwortet und die Erwartungen dann klar kommuniziert, sind Partizipationsformate Erfolg versprechend.

Die Handreichung wurde in den letzten zwei Jahren entwickelt und mit verschiedenen Kommunen erprobt. In wenigen Wochen wird die finale Fassung veröffentlicht: Ist das Projekt damit abgeschlossen?

Wir wünschen uns natürlich, dass sich die Handreichung als ein lebendiges Dokument weiterentwickelt. Nicht zuletzt aufgrund des schnellen technologischen Wandels haben manche der aufgeführten Tools und Praxisbeispiele sicher nur eine zeitlich begrenzte Halbwertzeit. Wir freuen uns daher sehr über Feedback und Anregungen.

Zum Poster „Die digitale Stadt gestalten

Weitere Publikationen und Forschungsprojekte finden Sie im Bereich Forschung.

Die digitale Stadt gestalten: Eine Handreichung für Kommunen

Erscheinungsjahr 2022

Die Handreichung des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) unterstützt Kommunen auf dem Weg zur Smart City bei der Entwicklung einer lokalen Digitalstrategie und der Umsetzung digitaler Projekte. Sie richtet sich insbesondere an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Verwaltungen in kleinen und mittleren Kommunen, Landgemeinden und -kreisen. Die Veröffentlichung soll ihnen dabei helfen, sich proaktiv mit der Digitalisierung der Infrastrukturen, der Verwaltung und den Handlungsfeldern der Stadtentwicklung zu befassen.

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